Die Sanierung des Neustädter Rathauses - Geschichte bewahren, Zukunft sichern

Ende des 16. Jahrhunderts bot die Stadt Hanau den wallonisch-niederländischen Glaubensflüchtlingen Asyl, welche durch ihren regen Handel und ihre gewerbliche Tätigkeit der Stadt zu wirtschaftlicher Blüte verhalfen. So verkörperte das 1733 erbaute Neustädter Rathaus im barocken Stil lange Zeit Gerechtigkeit und Frieden. Durch einen Bombenangriff am 19. März 1945 wurde das historische Gebäude vollständig zerstört. In den 60iger Jahren hat man sich für einen Wiederaufbau nach historischem Vorbild entschieden und das barocke Gebäude rekonstruiert. Die übrig gebliebenen Fassadentrümmer aus Sandstein wurden saniert und durch neue nach historischem Muster ergänzt. Das Titelbild zeigt eine Aufnahme vom Neustädter Rathaus aus dem Jahr 2007. Seit 2013 ist das Gebäude auf Grund von Brandschutzauflagen gesperrt und die Stadtverwaltung tagt übergangsweise im Schloss Philippsruhe.

 

Unsere Leistungen

Im Rahmen der Bauvorbereitung und weiterer Untersuchungen wurde 2018 festgestellt, dass die Decken nicht nur brandschutztechnisch, sondern auch statisch ertüchtigt werden müssen. Ein Beweis für die Leistungsfähigkeit von Holz. Außergewöhnlich ist hier der statisch-baukonstruktive Ansatz, dem Gebäude durch einen massiven Holzeinsatz wieder zur Tragfähigkeit und Brandschutzsicherheit zu verhelfen.

 

Durch Brettsperrholzdecken werden die vorhandenen Stahlbetondecken unterstützt und ertüchtigt

Diese exakt angepassten und vorbereiteten Elemente werden dabei von unten unter die alten Stahlbetondecken gesetzt, um diese zu unterstützen und im Brandfall die Hitze lange genug vom Beton zu entkoppeln. Die besondere Herausforderung liegt in der Montage der bis zu 32 cm dicken und 980 kg schweren Einzelelemente über Kopf und ohne Kran. Möglich wurde diese Montageleistung durch ausgeklügelte Transport- und Hubtechnik, sowie exakte Arbeitsabläufe und den ausdauernden Einsatz unserer Zimmerleute.

 

Ein perfekt abgestimmter Arbeitsablauf

Jeder Raum wurde im Vorfeld exakt durch ein 3D-Laserscanning erfasst. Jedes Einzelelement wurde individuell vorgeplant und genau für den zugewiesenen Einbauort vorgefertigt. Das ist absolut notwendig, da die Holzelemente in ihrer Länge über die gesamte Raumbreite spannen und sich die Einbautoleranzen lediglich auf den Auflagerbereich reduzieren. Außerhalb des Gebäudes werden die Elemente mittels Turmdrehkran auf spezielle Gerüstplattformen gehoben und auf Schwerlastrollen abgelegt. Von dort beginnt der aufwendigere Teil des Transportweges.

Schritt 1: Die Elemente werden über die Schwerlastrollen durch die Fensteröffnung ins Gebäudeinnere auf Gerüstböcke geschoben. Das gelingt nur, wenn äußere und inneren Gerüstebene auf gleicher Höhe sind. Maßgebend ist hierbei die Höhe des jeweiligen Fensters durch welches angedient wird.

Schritt 2: Nachdem das Element im Gebäude auf der Gerüstebene liegt, muss es weiter an den Einbauort transportiert werden. Möglich wurde dies durch eine Element für Element „mitwachsende“ Kranbahn. Diese wurde an den bereits montierten Deckenelementen befestigt. Von der Kranbahn wird das zu montierende Element dann auf Scherenhubbühnen abgesetzt.

Schritt 3: Durch die Hebebühnen wird das Element dann passgenau unter die Bestandsdecke gefahren. Im letzten Schritt muss das Wandauflager hergestellt werden. Ein solcher Arbeitsprozess setzt perfekte Abstimmung zwischen Bauleitung, Rohbau, Gerüstbau und Holzbau voraus.

Das Ergebnis ist eine tragfähige und elegante Decke, welche den modernen Standards des Brandschutzes und der Statik gleichermaßen gerecht wird. Schade, dass diese am Ende abgehängt werden wird. Das Ergebnis hätte sich nicht verstecken müssen. Ein Stück gesicherte Geschichte, ohne dabei die wichtigen Ziele des Klimaschutzes zu vernachlässigen. Optik, Tragfähigkeit, Brandschutz und Klimaschutz - kein Baustoff kann dabei so viele positiven Eigenschaften wie Holz vereinen.